Mit regelmäßiger Häufigkeit berichten die Medien über das Freistehen mit dem Wohnmobil. Dabei werden die Fakten zwar im Prinzip richtig dargestellt, aber leider so geschickt untergeordnet wiedergegeben, dass ein ganz anderer Eindruck entsteht.

Da wird dann Skandinavien und Schottland als ideales Wild-Campen Gebiet beschrieben.

Schnell ist so etwas geschrieben und setzt sich im Kopf fest.

Die Gründe für diese Ungenauigkeiten können ganz unterschiedlich sein:

  • schlecht recherchiert
  • falsche Behauptungen als Quotenbringer
  • falsche Behauptungen, um Kunden zu gewinnen
  • falsche Aussagen zum Anteasern von Start-Ups, die Pop-Up-Campingplätze anbieten.

Dabei ist es doch eigentlich für jeden klar. Und auch wer nun nicht weiterlesen möchte, es gibt eine kurze Antwort vorab:

Das Wildcampen ist eigentlich überall in Europa verboten.

Das wird nun den einen oder anderen ganz fürchterlich enttäuschen und schreibt man es so kurz und knapp in den Sozialen Medien, lassen die Kommentare nicht lange auf sich warten:

  1. „Du hast doch keine Ahnung“
  2. „Hat super geklappt – niemand hat was gesagt“ und
  3. „danke, dass das mal jemand in der Klarheit sagt“.

Zu a) Mag sein, aber dann liefere mir doch bitte einmal die Grundlage, nach der das erlaubt ist. Denn nicht alles, was verboten ist, ist zwangsläufig erlaubt.

Zu b) Das heißt ja nichts. Nur weil keiner den Mund aufkriegt, muss es ja nicht richtig sein. Und da zählt ja auch immer der Faktor Außenwirkung. Zudem wird im Internet immer wieder beteuert, dass selbst die Polizei nichts gesagt hat, als sie vorbeifuhr. Etwas später ist dann ab und zu lesen, dass mehrere Strafbescheide (zum Beispiel aus Portugal) im Briefkasten lagen. So viel dazu.

Zu c) Bitte gern geschehen. Lasst es uns ins Land hinaustragen und die Leute auch direkt auf mögliches Fehlverhalten ansprechen. Und nein, das hat NICHTS mit einem Hilfssheriff-Gehabe zu tun. Es nennt sich Umweltschutz und Respekt vor Gastgebern.

Schauen wir uns das im Detail an:

Freistehen – ein unsäglicher Begriff. Egal wo wir stehen, wir fühlen uns immer frei. Das kann also nicht der Begriff sein, um den es geht? Doch, um was geht es denn eigentlich beim „Freistehen“? Abstand zum Nachbarn? Abseits der Zivilisation? Autarkes stehen? Oder doch eher die Idee, nichts beim Campieren zu bezahlen? Da das nicht geklärt ist, sprechen wir nachfolgend vom Wild-Campieren.

Deutschland

  • Das Parken ist überall dort erlaubt, wo es nicht verboten ist.
  • Wo im Allgemeinen geparkt werden darf, regelt § 12 der StVO.
  • Übernachten stellt eine Sondernutzung dar.
  • Eine Sondernutzung bedarf einer Genehmigung.
  • Die Duldung einer Übernachtung geschieht immer auf Kulanz. Es gibt keinen rechtlichen Anspruch darauf.
  • Übernachten mit dem Wohnmobil ist im Allgemeinen auf Wohnmobilstellplätzen und Campingplätzen erlaubt.
  • Strafen reichen vom Platzverweis bis zu 2500 Euro (z. B. im Naturschutzgebiet).
  • Die Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit ist immer in Kontext der Fahrt zu sehen, z. B. einer längeren Transferfahrt.
  • Die Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit schließt lediglich das Schlafen ein. Fernsehgucken, Beisammensitzen, Kochen oder sonstige Aktivitäten im Camper sind als Campingverhalten zu deuten.
  • Campingverhalten steht im absoluten Widerspruch zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit.
  • Außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes zieht das Wild-Campieren weit größere Strafen nach sich als nur ein Bußgeld: Schnell ist man im Bereich des Hausfriedensbruch (§123 StGB) und ggf. der Sachbeschädigung (§303 StGB).

Ganz einfache Regelungen, die in der Summe dazu führen, dass ein Übernachten an irgend einem – nicht als Stellplatz ausgewiesenen – Platz nicht erlaubt ist.

Schweden

Als das Mekka gepriesen, scheint Schweden „das“ Land zum Wild-Campieren. Doch weit gefehlt. Hier die korrekte Auslegung des Jedermannsrecht (Allemansrätten): sieht Grafik.

„Freistehen“? Nein, so schöne Stellplätze gibt es in Schweden.
  • Sammlung von grundlegenden Erlaubnissen.
  • Natur und private Wege dürfen beTRETEN werden.
  • Blumen, Beeren und Pilze (ggf. auf Fische) dürfen der Natur entnommen werden.
  • Privatwege dürfen nicht ungefragt mit dem Fahrzeug befahren werden.
  • Außerhalb der Sichtweite ist das Campieren mit dem Zelt erlaubt (nicht mit dem Wohnwagen oder Wohnmobil).
  • Das Übernachten an öffentlichen Rastplätzen ist für eine Nacht erlaubt. Diese sind zum Teil parkähnlich angelegt und laden zum Verweilen ein.
  • Die freie Natur ist für das Übernachten mit dem Camper tabu.

Übrigens ist das Feuer machen in Schweden keine Selbstverständlichkeit. Schaut zuvor bitte auf die Brandgefahrkarte (externer Link).

Schottland

Ein Traum für alle Camper. Im Gegensatz zu der Meinung vieler, ist das Wild-Campen in Schottland eindeutig geregelt.

„Freistehen“? Nein, auch dieses ist ein offizieller Stellplatz.

Das schottische Jedermannsrecht ist vom Grundsatz mit dem schwedischen vergleichbar. Im Gegensatz zu dem skandinavischen Land gibt es jedoch handfeste gesetzliche Vorgaben, die das Wild-Campieren verbieten.

  • Viele Rechte für die, die zu Fuß in die Natur gehen, sich dort der Früchte bedienen und im Zelt oder im Freien übernachten möchten.
  • Die offizielle schottische Bezeichnung lautet „Outdoor Access Code“.
  • Campieren mit Wohnmobil und Wohnwagen ist mit §2.7 generell von der Erlaubnis ausgeschlossen: „Access rights do not extend to … any form of motorised recreation or passage …“ […] Ganzes Dokument hier (externer Link) .
  • Der Road Traffic Act von 1988 schränkt weiter ein: „Das Verlassen von Straßen mit jeglichem Kfz ist definitiv nicht erlaubt. Fahrzeuge dürfen sich maximal 15 Yards (ca. 14 Meter) von der Straße entfernen.“
  • Erlaubtes öffentliches Parken und Übernachten ist lokal und auch zeitlich sehr unterschiedlich gestattet und wird durch Anweisungen stark reglementiert. An diese lokalen Regeln sollte man sich unbedingt halten.

Mehr hier …

Weitere Länder

Alle anderen Länder in einem Kapitel? Ja!

Man könnte sehr viel zu jedem Land schreiben. Doch alle Artikel münden eigentlich in der einen Aussage: Wild-Campen (also stehen, übernachten und auch Mal einen Stuhl rausstellen) ist nicht erlaubt.

Wie das Verbot umgesetzt wird, ist ganz unterschiedlich. Portugal und Spanien ziehen die Strafen extrem an, in den Niederlanden war das Wild-Campieren finanziell gesehen noch nie eine gute Idee, Frankreich sieht das Thema etwas lockerer.

Eine gute Übersicht hat übrigens Pincamp (externer Link), und auch hier bleibt die Nachricht:

uneingeschränkt erlaubt ist es in keinem einzigen Land in Europa.

Mit dem Klappspaten in den Wald!

Muss das Thema sein? Ja. Egal wo, egal wann. In den Wald zu gehen und seine Hinterlassenschaften dort zu vergraben, ist ein absolutes Tabu. Weniger aus hygienischen Gründen, sondern vielmehr aus Respekt vor Gastgebern und der Gesellschaft. Wer es nicht hinbekommt, einen Camper mit einer Toilette zu nutzen, der hat in unseren Augen nichts in der Natur verloren.

Gleiches gilt für alles andere, was in die Natur entlassen wird. Selbst auf Campingplätzen werden Reste des Kaffeekanne oder Abwaschwasser unbedacht in die Büsche gekippt. Das geht nicht!

Was können wir tun?

Wie immer im Leben, hilft aufregen und zugucken nichts. Camping-Kollegen ansprechen hilft und manchmal reicht es auch schon, nicht wegzugucken, wenn der Nachbar sein Waschwasser ins Gebüsch kippen will.

Und wenn im Internet mal wieder irgend ein Unsinn gepostet wird, könnt ihr gerne unsere kleinen Infobildchen nutzen, um Klarheit zu schaffen (Download mit rechter Maustaste).

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Von admin

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