Es ist erstaunlich, wie emotional das Thema „Aussetzen der Pflicht der Gasprüfung“ die Gemüter erhitzt. Ein neuerlicher Bloggerartikel lässt das Thema abermals hochkochen, ist dort doch zu lesen, dass die Pflicht zur Prüfung ab dem 1.1.2022 gänzlich entfällt.

Doch was ist dran, dass die Gasprüfung nicht mehr durchgeführt werden muss?

Kurz und knapp

Für die, die nicht viel lesen möchten, ist die Antwort kurz: nichts, denn es ist lediglich die Prüfung als Voraussetzung für eine HU Zurzeit ausgesetzt. Die allgemeine Notwendigkeit einer Prüfung besteht weiterhin!

Hintergrundwissen

Für diejenigen, die es etwas genauer wissen möchten, folgt ein wenig Hintergrundwissen:

  • Flüssiggas im Wohnmobil und Wohnwagen: Gas ist ein großartiger Energieträger und dient im Camper unter anderen zum Heizen, Kochen und Kühlen.
  • Gasprüfung: Allgemein spricht man gerne von der „Gasprüfung“, was natürlich nur eine umgangssprachliche Bezeichnung für eine „Prüfung der Flüssiggasanlage in Fahrzeugen“ durch einen Sachverständigen bezeichnet, die bei Erfolg in einer Prüfplakette und dem Eintrag im gelben Prüfheft mündet. Das Prüfheft trägt offiziell die Bezeichnung „Prüfbescheinigung Technische Regeln nach dem Arbeitsblatt G 607“ des Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW). Das Prüfheft ist das entscheidende Attest und muss bei Fahrt stets mitgeführt werden. Das Siegel ist lediglich eine Sichthilfe.
  • Die Prüfbescheinigung war bis Ende 2019 die Voraussetzung für die Hauptuntersuchung des Wohnmobils und musste alle 2 Jahre bzw. nach jeder Änderung der Anlage wiederholt werden. Und um genau zu sein, wurde die fehlende Prüfung als gravierender Mangel eingestuft. Für Wohnwagen ohne Straßenzulassung auf Dauercampingplätzen, Schrebergartenhütten oder die viele Tiny Houses ist sie ebenfalls verpflichtend. Für Wohnwagen mit Straßenzulassung war diese Mängelwertung noch nie Bestandteil der HU.
  • Vollständigkeitserwähnung: Für eine Erstabnahme im Rahmen einer Umschlüsselung auf ein „Sonstiges KFZ, Wohnmobil“ ist nach wie vor eine Gasprüfung Bestandteil, sofern eine verbaut wurde.
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Warum ist das Verfahren für die HU nicht mehr voraussetzender Bestandteil?

  • Häufig ist in Artikeln zu lesen (so auch in dem eingangs genannten), dass das Messverfahren ungenau und unsicher sei. Mit Nichten. Einen Druckkessel unter Druck zu setzten, druckdicht abzusperren und den Fortbestand des festgesetzten Drucks über einen Zeitraum zu prüfen ist etabliert und sicher.
  • 2019 wurde durch das BMVI die Prüfung aus dem Prüfverfahren der HU ausgesetzt, da die „messtechnische Rückführung“ nicht mehr als gegeben angesehen werden kann. Was bedeutet das im Klartext? Es bedeutet, dass im Rahmen der Qualitätssicherung Messgeräte einen Prüfbericht ausgeben sollen. Das ist allerdings bei den meist einer fahrradhandpumpe-ähnelnden Prüfgeräte nicht möglich, was die Überarbeitung des Prüfprozesses zur Folge hatte.

Verpflichtung zur Prüfung der Gasanlage

Und nun kommt es zum vermeintlich spannenden Teil, warum die Prüfung nach wie vor verpflichtend ist!

  • Für viele das schwächste Argument – der menschliche Verstand. Häufig wird erwähnt, dass man Gas ja riecht und dass die Gefahr deutlich überschätzt wird. Der Geruch ist dabei ein sehr wichtiges Sicherheitsmerkmal. Doch was passiert, wenn Gas bei Abwesenheit ausströmt, einen Raum füllt und sich bei Widerankunft durch das Einschalten eines Verbrauchers explosionsartig entzündet? Dann hat dieses Sicherheitsmerkmal versagt. Daher sollte es im Interesse eines jedes Reisenden sein, regelmäßig seine Anlage überprüfen zu lassen.
  • Zwar ist die Prüfung nicht mehr Bestandteil der Hauptuntersuchung von Wohnmobilen, dennoch hat sich die EG-Richtlinien 2001/56EG und 2004/78EG nicht verändert und fordert unmissverständlich die verpflichtende Gasprüfung gem. G 607/EN 1949.
  • Versicherungen können die Regulierung von Sach- und Personenschäden ablehnen, die auf einen Defekt der Gasanlage beruhen. Diese Ablehnung von Regressforderungen wird als Rückgriff auf Campingplatzbesitzer durchgereicht, wodurch viele Platzbetreiber eine aktuell gültige Bescheinigung als Voraussetzung in den AGB stehen haben bzw. diese explizit überprüfen.

Faktenlage

Es gibt übrigens keine aktuelle frei zugängliche Studie zur Gasanlagen in Wohnmobilen und Wohnwagen, wohl aber eine etwas ältere zu Schadensfällen mit LPG Gasanlagen in Deutschland. Unter allen Anlagearten sticht mit einem Anteil von 43% die Systeme mit Druckglasflaschenverbaucher (wozu auch der Kühlschrank, die Heizung und die Kochstelle zählt) hervor. Rund 40% der Unfälle betreffen dabei Anlagen von Privatverbrauchern. Häufigste Unfallfolge ist mit 42% die kontinuierliche Gasfreisetzung mit Explosion, was das zuvor beschriebene Argument der schleichenden Befüllung eines Raums mit Zündung unterstützt.

Persönliche Anmerkung

Abschließend noch eine persönliche Anmerkung zum Thema: In Deutschland sind nahezu keine schwerwiegenden Unfälle mit Gasanlagen bei sachgemäßer Nutzung bekannt. Für mich steht das in einem direkten Zusammenhang mit der fortlaufenden Überprüfung solcher Anlagen und ich hoffe, dass das auch so bleibt.

*  Letzte Aktualisierung am 26.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API. Amazon-Links sind so genannte Affiliate-Links. Klickst du auf diesen Link und kaufst ein, erhalten wir eine Provision. Für dich verändert sich der ausgewiesene Preis nicht.

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Von admin

2 Gedanke zu “Warum die Gasprüfung NICHT abgeschafft wurde”

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