Ein Drittel unserer Reise liegt noch vor uns, und mit dem Dezember brechen wir zu neuen Ufern auf. Unsere Route führt uns in die Wiege des Blues und des Jazz, zu den Ufern des Mississippi, wo der ewige Fluss Geschichten erzählt. Louisiana und Mississippi – Namen, die nach Musik, Geschichte und Südstaaten-Gelassenheit klingen.

Wir sehnen uns nach würzigem Cajun Food, dem Schmelztiegel der Kulturen in New Orleans und nach einer Zeit, in der wir uns einfach treiben lassen. Im Rhythmus des Südens wollen wir dem Blues lauschen, die Zeit vergessen und ein weiteres Kapitel unserer Reise schreiben.

Statistik

Gesamtstrecke

KM pro Tag (Gesamt km): 3457 km

Fahrtzeiten

San Antonio

San Antonio, Texas – eine Stadt, die auf den ersten Blick mit ihren historischen Wurzeln und kulturellen Attraktionen beeindruckt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen eher als mittelmäßiges Ziel für uns.

Wer hierherkommt, erwartet vielleicht texanische Geschichte, lebendige Atmosphäre und authentische Eindrücke. Doch der Schein trügt, wie wir auf unserer Reise feststellen mussten.

Die wohl bekannteste „Attraktion“ in San Antonio ist die Mission Alamo. Ursprünglich 1718 errichtet, ist sie historisch zweifellos bedeutsam und für us-amerikanische Verhältnisse sehr alt. Doch wer auf visuelle Highlights, beeindruckende Architektur oder gar geschichtliche Informationen hofft, wird enttäuscht. Letztlich gibt es kaum etwas zu sehen oder zu lesen – eine Enttäuschung für jeden, der mehr erwartet hat als einen kurzen Blick in die Vergangenheit.

Ein weiteres Beispiel für verpasste Möglichkeiten ist der Buckhorn Saloon and Museum. Was auf den ersten Blick wie eine spannende Zeitreise in die Wildwest-Geschichte aussieht, ist letztlich nur ein Sammelsurium ausgestopfter Tiere. Es scheint fast so, als hätte jemand nicht mehr gewusst, wohin mit all diesen Präparaten, und kurzerhand ein Museum daraus gemacht. Sicher, amerikanische Geschichte verkauft sich immer gut.

Die angebliche Hauptattraktion der Stadt, der berühmte San Antonio River Walk, hat es leider auch nicht geschafft, uns zu begeistern. Der San Antonio River wird von Restaurants und Häusern regelrecht zugepflastert, und der Weg, zugegebenermaßen schön angelegt mit seinen kleinen Brücken, lädt zum Spazieren gehen ein. Die Atmosphäre erinnert stark an eine Outdoor-Version der Las-Vegas-Gastronomie – alles ist irgendwie künstlich, laut und überladen. Der Eindruck wird von den fortlaufenden vorbei gleitenden, voll besetzten Booten unterstützt. Für uns war das definitiv auch kein Highlight.

Vielleicht sind wir zu kritisch, aber am Ende zieht es uns eher in die kleinen Städte ohne Klimbim – Orte, die authentisch wirken, in denen man das Gefühl hat, das echte Amerika zu erleben, ohne dabei von Touristennepp oder aufgesetztem Flair erschlagen zu werden. So waren wir froh, in Floresville gelandet zu sein.

Galveston

Aus dem Radio schmettert uns Glen Campbell laut seinen Hit „Galveston“ entgegen – und der hat so gar nichts mit dem zu tun, was uns erwartet …

Keine Endzeitstimmung wie im gleichnamigen Song. Nein – Galveston gefällt uns. Ein Meltingpot aus pittoreskem Charme, ehrwürdiger Fischerei, schwerer Industrie und einer Prise Geschichte. Besonders die Bauten aus dem 19. Jahrhundert fallen uns auf: farbenfrohe Fassaden und kleine Gassen um einen Stadtkern aus vergangenen Zeiten.

Wir schlendern gemütlich durch die eher kleine Stadt, gucken hier, halten da, kommen ins Gespräch. Und wir sind fast allein, Touristen sucht man um diese Jahreszeit fast vergeblich. Ein Shop-Besitzer bringt es auf den Punkt: „Es herrscht Slow Time“. Damit meint er die Ruhe, die nach dem großen Ansturm einkehrt.

Wir landen am alten Hafen, ein weiteres Relikt – immer noch in Betrieb, vor allem durch das große, neue Cruiseship-Terminal.

Aber nicht alles dreht sich um die Seefahrer. Eine alte Bohrplattform scheint uns aber irgendwie doch fehl am Platz zu sein.

Also Mal gucken.

Dieses Museum in der Galveston Bay bringt Technik, Geschichte und Natur an einem authentischen Ort, einer ausgedienten Bohrplattform, zusammen. Die Unterstützung der erdölfördernden Industrie ist in der Ausstellung deutlich zu spüren. So fehlt uns ein wenig die kritische Auseinandersetzung mit Produkten auf Mineralölbasis, Umweltunglücken und der Gefahr, die sich die Menschen an so einem Arbeitsplatz auf See aussetzen. Trotzdem ist es Dank vieler Modelle und Exponate interessant, obwohl der Lebens- und Arbeitsraum der Arbeiter der Ausstellung weichen musste. Insgesamt ist es sehr cool, einmal auf einer Bohrplattform umherziehen, obwohl im Außenbereich an jeder Ecke die Hinterlassenschaften der unzähligen Pelikane deutlich zu sehen und riechen sind.

Es fängt tatsächlich an zu tröpfeln, der erste Regen seit – wir wissen es nicht. Also Zeit, zurück zum Wohnmobil zu radeln.

Die Pelikane und ein einzelner Harbour Dolphin verabschieden uns, bevor wir unsere Drahtesel antreten. Zeit, weiterzuziehen.

Houston – we got a problem!

Houston steht wie kein anderer Ort für die Raumfahrt. Bei unserem Zwischenstopp in Texas führte uns der Weg natürlich auch ins Space Center, dem Besucherzentrum der NASA. Dieses weitläufige Areal bietet Einblicke in die Geschichte und Zukunft der Raumfahrt und ist ein lohnenswertes Ziel, das etwa vier Stunden Zeit erfordert, um alle Bereiche ausreichend zu erkunden.

Das Space Center beeindruckt durch seine Größe. Von den Ausstellungsflächen über den Rocket Park bis hin zu den Gebäuden, in denen die heutige Forschung stattfindet, bietet es genug Platz, um sich frei zu bewegen. Es empfiehlt sich, die Besucherkarte genau zu studieren, um keine der Hauptattraktionen zu verpassen. Das wäre uns nämlich fast passiert.

Ein Höhepunkt unseres Besuchs war die geführte Tour durch das Astronaut Training Center. Hier konnten wir einen Blick darauf werfen, wie Astronauten sich auf ihre Missionen vorbereiten. Die Trainingsmodule der Internationalen Raumstation (ISS) zeigen eindrucksvoll, wie groß das Ganze ist. Auch wenn man durch Glas getrennt die Trainingsmodule nur aus erhöhter Position sieht, vermittelt der Besuch einen sehr guten Eindruck über die Komplexität der Räumlichkeiten.

Und natürlich wird auch die Geschichte der Mondlandung im Space Center ausführlich beleuchtet. Besonders beeindruckend ist die Saturn V Rakete, die als Original im Rocket Park ausgestellt ist. Mit einer Länge von über 100 Metern zeigt sie, welchen Aufwand die Menschheit auf sich genommen hat, um den Mond zu erreichen. In den Ausstellungen wird neben allen anderen auch der Verlauf der Apollo-11-Mission erklärt, die im Sommer 1969 Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf die Mondoberfläche brachte – ein Meilenstein, der viele technische und menschliche Herausforderungen vereint.

Das Space Center ist ein Museum, das Raumfahrt auf verständliche Weise näherbringt – wer Houston besucht, darf dies nicht auslassen. Mit einer gelungenen Mischung aus historischen Ausstellungsstücken, Einblicken in aktuelle Projekte und einem Blick hinter die Kulissen vermittelt es, was die Raumfahrt für die Forschung und für uns Menschen bedeutet. Und last but not least, war natürlich auch „unser“ Alexander Gerst mit seinen Missionen verewigt.

Alligator Rescue Farm

Unsere Reise führte uns gestern in die Nähe von Houston nach Fennett, wo wir eine Tierauffangstation für Krokodile und Alligatoren, die in dem Süden der USA frei leben, besucht haben. Hier finden die Reptilien ein neues Zuhause, die entweder als „Problemtiere“ eingestuft wurden, ihren Besitzern weggenommen oder nach Verletzungen nicht mehr in die freie Wildbahn entlassen werden konnten.

In unserem Bericht über Galveston erwähnten wir bereits die „slow time“, also die Zeit, in der der Süden etwas zur Ruhe kommt und wenig Touristen vor Ort sind.

Und so sahen es auch die Tiere im Alligator Rescue, die sich bereits in einer Winterruhe begeben haben. Das bedeutet, dass sie nicht mehr fressen und ihre Aktivität auf ein Minimum reduziert haben. Statt sich im Wasser oder auf der Anlage zu bewegen, verharren sie meist still und sparen Energie.

Während unseres Rundgangs lernten wir einiges über die Unterschiede zwischen Alligatoren und Krokodilen, die oft verwechselt werden. Hier einige Hinweise zur Unterscheidung:

Alligatoren haben eine breite, U-förmige Schnauze, während die von Krokodilen eher V-förmig und spitz ist.

Bei geschlossenem Maul sind die Zähne des Unterkiefers der Alligatoren fast unsichtbar, da der Oberkiefer die unteren Zähne überlappt. Bei Krokodilen dagegen ragen einige der unteren Zähne, insbesondere der vierte, hervor.

Alligatoren leben hauptsächlich in Süßwassergebieten wie Seen, Sümpfen und Flüssen, während Krokodile auch in Salzwasser vorkommen können.

Interessant war auch zu erfahren, dass die meisten Tiere in der Station Alligatoren sind, da diese in den USA, besonders in Texas und Florida, heimisch sind. Krokodile gibt es hier hingegen nur selten.

Obwohl sich die Tiere in der Winterruhe befinden und nicht sonderlich aktiv waren, war der Besuch in der Auffangstation interessant.

Tabasco auf Avery Island

Achtung – bevor ihr weiter lest, wird erstmal die Tabasco-Flasche offen hingestellt. Wegen der Authentizität und so …

Jaaa, Louisiana – wir haben es noch so gut in Erinnerung. Es ist schon lange her, aber manches vergisst man nicht.

Und so führt uns unser Weg fast genau 26 Jahre später wieder nach Avery Island, einem Eiland etwa 230 km westlich von New Orleans.

Was hat das jetzt mit dieser scharfen Chilisauce zu tun?

Avery Island ist sozusagen der Geburtsort selbiger mit Namen Tabasco. Beweisen muss man das nicht, denn schon wenn man aus dem Auto aussteigt – und jetzt bitte an eurer Flasche riechen – hat man genau das in der Nase: Chilli und Essig.

Also los, die Selfguided Tour erwartet uns. Wir erfahren dieses mal (vor 26 Jahren war alles geschlossen wegen Weihnachten) alles über die Familie McIlhenny (gesprochen Mekil-Henny), die Saucenidee und weiteren Interessen der meist männlichen Familienmitglieder.

Schon seit je her ein Familienbetrieb mit einem sehr sorgsamen Umgang mit der Natur, ihren Ressourcen aber auch den Menschen, die für die Familie McIlhenny arbeiten.

Mag sein, das wir uns das einbilden – aber man merkt das immer noch.

Avery Island und damit die Tabasco-Herstellung, die sich immer noch in Familienhand befindet, ist nicht alles auf dieser Insel.

Das eigentliche große Interesse des Erfinders, Edmund McIlhenny im Jahre 1870, war gar nicht in erster Linie die Sauce. Edmund war eher der Forscher, was sich im Laufe der Generationen fortsetze. So ist es nicht verwunderlich, dass Avery Island ein großes Vogel- und Tierschutzgebiet, den Jungle Garden, beherbergt.

Wir holen also etwas nach, was wir damals verpasst haben. Und es war toll. Ein Tag voller Erinnerungen, neuer Erfahrungen und einem ausgiebigen Besuch des Shops – den wir mit vielen Tüten voller Souvenirs – die für die nächsten 26 Jahr reichen müssen – verlassen.

Mit dem typischen Tabascoduft in der Nase steigen wir wieder ins Auto ein – und können wahrscheinlich nicht weit fahren, weil ich Hunger habe …

Baton Rouge – was für ein Name

Endlich … Nach Tagen mit unsagbar schlechtem Regenwetter klarte der Himmel über Baton Rouge endlich auf. Wie auf den Bildern zu sehen ist, ist die Luft zwar noch schwer von Feuchtigkeit, aber die Stadt hat uns von Anfang an gefallen. Baton Rouge, die Hauptstadt Louisianas, trägt ihren Namen nach einem roten Stock (le baton rouge), der einst von den indigenen Völkern als Grenzmarkierung genutzt wurde. Heute erzählt die Stadt immer noch spannende Geschichten aus der Kolonialzeit, dem Bürgerkrieg und den modernen Zeiten des Südens.

Unser erster Stopp war das alte Capitol, ein beeindruckendes neugotisches Gebäude, das an eine mittelalterliche Festung erinnert. Mit seinen Türmchen und Zinnen außen und seinen prunkvollen Verzierungen innen wirkt es wie aus einem Harry Potter Film. Ganz besonders hat uns das Foyer mit seiner gigantischen Treppe und der farbenprächtigen Glaskuppel beeindruckt. Mit Interesse haben wir das kostenfreie Museum über die politische Geschichte von Louisiana besucht.

Im Kontrast dazu steht das neue Capitol aus den 1930er Jahren, ein Wolkenkratzer, der sich hoch in den Himmel erhebt. Es ist ist das höchste Kapitolgebäude der USA und bietet einen fantastischen Blick über die Stadt und den Mississippi, der wie eine Lebensader durch die Landschaft mäandert.

Im Herzen Downtowns kommt man nicht umhin, bei Bates & Thigpen stehen zu bleiben. Ein Ort, an dem die Zeit spurlos vorüber gegangen ist. Dieses charmante Geschäft hat seit über 100 Jahren Bestand und macht mit seinem authentischen Charme und hochwertigen Waren auf sich aufmerksam. Ein echtes Juwel!

Den Abend haben wir dann in dem sehr eleganten Casino an der Hotelbar mit sehr leckeren Margarithas vom äußerst sympathischen Barkeeper Samuel ausklingen lassen, bevor es morgen in Richtung New Orleans geht.

Death in Cane – Whitney Plantation

Die Geschichte Louisianas und damit die der gesamten Südstaaten der USA sind fest mit der Sklaverei verbunden.

Uns hat schon bei unserem letzen Besuch Louisianas die Aufarbeitung dieser Geschichte auf der Oak Alley Plantation tief beeindruckt. Und so führte uns heute der Weg nicht direkt nach New Orleans, sondern erst zur Whitney Plantage.

In den frühen Jahren nach der Gründung 1752 war die Plantage als „Habitation Haydel“ bekannt und gehörte der aus Deutschland eingewanderten Familie Haydel. Sie nutzten Sklavenarbeit, um Zuckerrohr zu produzieren, das in der Region zu einem der profitabelsten landwirtschaftlichen Produkte wurde.

Die Plantage beschäftigte Dutzende von Sklaven, die in unmenschlichen Bedingungen lebten und arbeiteten. Historische Aufzeichnungen zeigen, dass die versklavten Menschen auf der Whitney Plantage Zuckerrohr unter extremen körperlichen Strapazen ernteten und verarbeiteten. Viele starben an Krankheiten, Unterernährung oder den Gefahren der Arbeit.

Soweit nicht so viel Neues, wenn man sich schon einmal ein bisschen mit der Geschichte beschäftigt hat.

Was ist aber jetzt so anders hier?

Oft liegt der Fokus solcher Plantagen auf dem Plantagenleben aus Sicht der Plantagenbesitzer, ihrer Häuser, ihres Lebens mit ihren Sklaven. Die Whitney Plantation setzt sich im Gegensatz dazu ausschließlich mit dem Leben und Sterben aus der Perspektive der versklavten Menschen auseinander.

Während unseres Besuchs versetzt unser Guide Susan uns mit ihrem Wissen über die Geschichte diese Ortes immer wieder in die dunkle Geschichte der amerikanischen Vergangenheit. Die Gebäude und eindrucksvolle Skulpturen unterstützen unsere Vorstellung.

Was bleibt?

Ein schauriges Kapitel der Menschheit, wie es sich schon oft in anderer Gestalt abgespielt hat und irgendwo auf der Welt wieder abspielen wird. History often repeats itself.

The Big Easy – wir sind in New Orleans!

3 Tage pulsierendes Leben – und wir könnten noch bleiben.

Wir sind mal wieder so im Bann dieser Stadt, dass wir irgendwann wiederkommen, ganz sicher.
Was uns hier so fasziniert? Dieser Meltingpot der Geschichte – ich versuch’s mal in kurz:

Gegründet 1718 als eine französische Kolonie, übernommen von Spanien, dann wieder zurückgegeben an Napoleon, bevor der – er war jung und brauchte das Geld – New Orleans schlussendlich 1803 an die Vereinigten Staaten verkaufte.

Durch die Lage am Mississippi Delta mit einem gut zu erreichenden Hafen etablierte sich ein steter Bevölkerungszustrom aus der Karibik und auch der Sklavenhandel hatte im 19. Jahrhundert eine große Bedeutung für die Stadt. New Orleans „mauserte“ sich zur Stadt mit den meisten farbigen Bewohnern Nordamerikas.

Fluten und Hurrikanes, die verheerende Katrina in 2005, zerren regelmäßig an der Stadt, die das mit einer unfassbaren Gelassenheit hinzunehmen scheint und immer wieder aufsteht.

Der Meltingpot New Orleans – mit seinen ersten Siedlern aus dem kanadischen Grenzgebiet und dem Westen, indianischen und afrikanischen Sklaven, Frauen aus Pariser Gefängnissen und 8 ursulinischen Nonnen, europäischen Abenteurern, Kreolen aus den französischen Kolonien in Westindien und vertriebenen Hugenotten aus Nova Scotia in Kanada und Iren, Italienern und Deutschen, die Ende des 19. Jahrhunderts hier her kamen – erzählt an jeder Ecke mal ganz laut, mal ganz leise seine Geschichte. Man kann sie hören, schmecken und riechen.

Wir fangen an mit dem Schmecken. Erste Station ist der Garden District und erstes Ziel das Hotel St. Vincent, einen Steinwurf entfernt der legendären Magazin Street – einer eher ruhigeren Gegend dieser quirligen Stadt. Wir lassen uns auf der Terrasse dieses wunderbaren Antebellum-Hauses von der Sonne kitzeln und genießen – typisch für New Orleans – einen spritzigen Cocktail. Pfff … wer möchte hier schon ein schnödes Bier trinken? Cheers auf Jazz, gute Vibes und entspanntes Erkunden fernab der wilden Bourbon Street!

Wir tingeln die Straßen entlang, können uns kaum satt sehen an viktorianischen, neoklassizistischen und natürlich kreolischen Einflüssen, die dieses Viertel und damit die Architektur so einzigartig machen. Breite Veranden, riesige Balkone und üppige Säulen runden den Stilmix ab. Wir würden uns so gerne niederlassen – aber kannst dich ja nicht einfach in fremder Leute Garten setzen …

Wir springen also auf das nächst beste Streetcar auf und lassen uns kutschieren, queren die Canal Street und erreichen den Sündenpfuhl: Bourbon Street.

Aber glücklicherweise besteht unser neues Ziel, das wunderbare Vieux Carré, nicht nur aus dieser einen Straße. Das French Quarter ist das lebendige Herz von New Orleans – ein Ort, der wohl jedem als erstes in den Sinn kommt, wenn von dieser Stadt die Rede ist. Vieux Carré, was auf Französisch „Alter Platz“ bedeutet, ist das älteste und zugleich eines der faszinierendsten Viertel der Stadt, hier trifft Geschichte auf pulsierendes Leben und unvergleichliche Atmosphäre. Auch hier sind verschiedene architektonische Einflüsse, vor allem aus Spanien, Frankreich und der kreolischen Kultur, sichtbar. Engen Straßen aus Kopfsteinpflaster sind gesäumt von farbenfrohen Fassaden, die kunstvollen schmiedeeisernen Balkonen prägen dieses Viertel.

Aber Stopp – der kleine Hunger hat hier nichts verloren! Zu verlockend ist besonders hier, im Café Beignet oder im Café du Monde der dick bepuderte Snack: frittierte, knusprig-fluffige Beigents, ein traditionelles französisches Teigebäck, das zu einem kulinarischen Symbol geworden ist.

Das Gebäck hat seinen Ursprung in der französischen Kolonialzeit und wurde von den französischen Siedlern nach Louisiana gebracht. Heute sind Beignets ein fester Bestandteil der kreolischen Küche und vor allem durch das Café du Monde weltbekannt, das seit 1862 in New Orleans Beignets und Café au Lait serviert.

Nach vielen gelaufenen Kilometern und mannigfaltigen Eindrücken bleibt uns gegen eines jeden Nachmittag nichts anderes übrig, als uns – wie so viele andere – einfach auf den Bürgersteig der Royal Street zu setzen und den großartigen Musikern der Royal Caravan Band zu lauschen und um sich im Anschluss einfach in der Frenchman Street auf den Barhocker des Spotted Cat Clubs von gutem Jazz einlullen zu lassen.

Das ist die laute Geschichte, die New Orleans zu erzählen hat: Musik. Die Wiege des Jazz, Rythm & Blues, Zydeco und Cajun.

Sie begegnet uns an jeder Ecke, auf jeder Straße, in jeder Bar. Live, vom Band, unplugged.

Glück liegt bei uns auf dem Teller

Nach echtem Soulfood gestern gibt’s heute was feines.

Knut hat sich für unsern New Orleans Aufenthalt frei genommen und ist als Koch off duty – ich aber habe keine Einbußen an gutem Essen, denn wir sind heute im Chapter IV. Ein Geheimtipp!

Aber erst ein bisschen Geschichte.

In 1939 eröffnete hier in New Orleans ein kleiner Sandwichladen mit Lottoannahmestelle, betrieben von Emily und Dooky Chase. Durch Leah, die als passionierte Köchin in die Familie einheiratete, entwickelte sich der kleine Sandwichladen ab den 1950er Jahren schnell zu einer florierenden Bar und später zu einem angesehenen Familienrestaurant, einem wichtiger Treffpunkt für Musik, Unterhaltung – bot aber auch Bürgerrechtsbewegungsanhängern einen sicheren Treffpunkt.

Und hier lernte auch Dooky Chase Jr. – der vierte seiner Generation – von seiner Oma Leah, der Queen of Creole Cuisine.

Also werfen wir uns ein bisschen in Schale und sitzen pünktlich zum Mittagessen in Dooky Chase Jr.’s 2023 eröffneten Chapter IV. Ein traditionelles, jedoch angenehm modern gehaltenes Restaurant, dessen Wurzeln und Erbe der Großmutter nicht vor der Speisekarte halt machen.

Wir kosten kreolische Küche, aus dem Herzen Louisianas, Rezepte der legendären Leah Chase neu interpretiert.

Unser Menü

  • Crab Cake, ein Blue Crab Küchlein, knusprig und zart auf Fried Green Tomatoes mit wunderbar herzhafter Kräutersauce.
  • Rockefeller Oysters, ein Klassiker mit Kräutern und Butter auf cremigem Spinatbett.
  • Und als Abschluss – Austern kann man hier nicht genug essen – Oyster Benedict. Perfekt pochierte Eier, frittierte, saftige Austern auf einem Biskuit – natürlich mit fein abgeschmeckter Hollandaise und sehr typischen Südstaaten Jalapenjo-Pickles.
  • Ein überraschend herzhafter Cocktail rundet unser Essen perfekt ab.

Ein Traum.

Satt und glücklich nippen wir an unserem Kaffee, lassen die überaus geschmackvolle Einrichtung nochmal wirken und verabschieden uns – mit dem Versprechen, wiederzukommen – was uns gar nicht schwer fällt.

Laura Plantation

Auf unserer Reise entlang des Mississippi haben wir noch eine Zuckerrohr-Farm besucht. Die Laura Plantation unterscheidet sich in ihrem Darstellungskonzept von anderen. Jede Plantage, die wir erkunden, legt ihren eigenen Fokus, aber die Laura Plantation bietet einen besonders tiefen Einblick in das Leben der Menschen, die hier lebten und arbeiteten.

Benannt nach Laura Locoul, einer Frau, die auf der Plantage geboren wurde und ihre Erlebnisse in einem Tagebuch festhielt, hebt sich diese Plantage durch die Menge an Detailwissen ab, das durch ihre Aufzeichnungen erhalten geblieben ist. Diese persönliche Perspektive macht die Geschichte der Plantage greifbar und lebendig.

Ein weiterer Unterschied zu anderen Plantagen ist das vollständig im kreolischen Stil eingerichtete Herrenhaus, das uns einen authentischen Einblick in die Wohnkultur dieser Zeit gab. Die Führung selbst war besonders informativ und legte den Schwerpunkt auf die Geschichte der Plantage, den Bau der Gebäude sowie den Alltag – sowohl für die Besitzerfamilie als auch für die versklavten Menschen, die hier arbeiteten.

Während die Oak Alley Plantage viel Wert auf die individuellen Einzelschicksale legt, die Whitney Plantage intensiv die Einzelschicksale von Sklaven und die Produktion von Zucker beschreibt, steht bei der Laura Plantage die Familiengeschichte und der Lebensstil der Betreiber im Vordergrund.

Biloxi und sein Maritim and Seafood Industry Museum

Nachdem uns am Morgen direkt vor dem Wohnmobil Delphine klargemacht haben, dass wir am Golf von Mexiko sind, haben wir uns auf den Weg gemacht, etwas mehr über den Wirtschaftsfaktor „Seafood“ zu erfahren.

Also, die schnellen Treter angezogen und auf zum 20 Minuten entfernten Maritime & Seafood Industry Museum in Biloxi.

Übrigens wird hier die Idee, ein ein Meilen entferntes Ziel zu Fuß anzusteuern, meist als suspekt angesehen – also immer schön vorsichtig sein.

Im Museum dreht sich alles um die Küstenkultur Biloxis und die Menschen, die die lokalen Gewässer zu einer Lebensgrundlage gemacht haben.

Ob Austern, Shrimps, Krabben oder Flusskrebse – die Ausstellung zeigt, wie diese Delikatessen früher und heute gefangen und verarbeitet werden.

So war es für uns z.B. neu, dass es einen speziellen Biloxi Bootstyp gibt. Diese Bauform ist ein traditionelles Arbeitsboot, das entlang der Golfküste von Mississippi zum Einsatz kam. Das hölzerne, robuste und flache Segelboot wurde insbesondere für die Austernfischerei in seichten Gewässern genutzt.

Was in Hamburg der Ewer war ist hier der Biloxi Schooner. So hat jeder Region seinen Bootstyp.

Und natürlich durfte eine genaue Betrachtung des verheerenden Wirbelsturms Katrina nicht fehlen. In Ton und Bild wird uns aus der Warte der Bewohner noch einmal dieser in der Stärke noch nie vorher da gewesene Hurrikan vor Augen geführt – samt Gänsehautfaktor.

Und nun sitzen wir wieder vor dem Wohnmobil und hoffen, das uns die Harbour Dolphins von Biloxi noch einmal besuchen.

One Day in Mississippi

Wir tingeln durch Mississippi und landen in Biloxi – auch ein bisschen bunt, laut und durchgedreht: Las Vegas in klein. Ein Casino neben dem anderen, Hotel reiht sich an Hotel, die Restaurant- und Pawnshopdichte übersteigt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Einwohnerzahl. Alles glitzert, leuchtet und blinkt 24 Stunden lang an allen 7 Tagen der Woche.

Vor 5 Jahren reichte es nur für eine Stippvisite. Heute bleiben wir länger.

Die Gambling-Hochburg der Golfküste empfängt uns natürlich mit strahlenden Sonnenschein und wir nehmen unseren tollen Strandparkplatz erstmal zum Anlass, ein bisschen zu faulenzen. Unzählige Perlikane, ein Delfinpaar, die obligatorischem Möwen und diverse andere, uns unbekannte Vögel leisten uns Gesellschaft.

Da wir aber irgendwann Hummeln im Mors haben, machen wir uns zu Fuss auf. Ein bisschen Kultur im Maritime And Seafood Museum, ein bisschen Südstaatenküche und vielleicht noch ein bisschen Bling-Bling im Casino.

Wissen mach hungrig und so führen uns die nahezu neuwertigen und seltenst benutzen Bürgersteigevom Museum direkt in die Filin‘ Station. Ein uriges Lokal, etwas abgelegen vom Strip mit unsagbar nettem Service und großartigen Burgern und Seafood – genau unser Ding! Never Change the Winning Team – den Laden kennen wir und so landen wir hier auch wieder.

Mit fritierten Flusskrebsen, Fries und Budweiser gefüllten Bäuchen schlendern wir wieder Richtung Shore und Casinos. Es wird hier auch bereits um 17 Uhr dunkel uns so können wir den Weg dorthin nicht verfehlen. Zum Glück ist es nicht so voll wie in las Vegas, jedoch in Teilen nicht minder gigantisch. So klappern wir tatsächlich noch das Beau Rivage (mit echtem Wow-Effekt) und das Hard Rock Casino (welches zu unserem Erstaunen Recht abgeranzt und stinkend durch fehlendes Rauchverbot daherkommt) ab. Roulette, Black Jack, Poker, einarmige Banditen sind das eine – die Spieler das andere. Superreiche und gescheiterte Existenzen – diese Städte ziehen Gegensätze an, wie das Licht die Motten.

Für uns ist es genug, die Dollars bleiben in der Tasche und wir beenden unsere Laufrunde in unserem eigenen Home on Wheels

Bubba Gumb und seine fantastischen Shrimps

„Bubba war mein bester guter Freund. Und selbst ich weiß, dass das etwas ist, was man nicht einfach so findet. Bubba hat mich alles über Shrimps gelehrt, was es zu wissen gibt. Und dann habe ich mein Wort gehalten. Ich bin nach Bayou La Batre gegangen und habe ein Shrimp-Boot gekauft, nur für Bubba.“

Nach unserem Beach Stop in Biloxi geht es über Pascagoula nach Alabama. Genau gesagt nach Bayou La Batre, die Heimat von Benjamin Buford Blue.

Und als hätten wir es geplant, wartet im Hafen zwar nicht Forrest Gump aber dafür die Fischer der Perseverance, die mit ihrem Fang auf potentielle Käufer, die auch schon Schlange stehen: frische Shrimps – direkt aus dem Korb in die Tüte, eine Schaufel Eis noch mit dazu und ab dafür!

Wir saugen die ganze Szenerie auf, stellen uns brav an und bekommen unsere – wenn auch im Vergleich zu den anderen Kunden – kleine Portion Riesenshrimps ausgehändigt. Die Freude kann größer kaum sein, wir lieben Seafood und Fisch – je frischer, desto besser!

Gut gekühlt gehen sie mit uns auf die Reise. Die Straße führt weiter ins tiefste Alabama, weiter in Richtung Dauphin Island. Von dort wird die Küstenstraße Richtung Osten nur von einer Fähre über den Mobile Bay unterbrochen, die knapp an Bohrinseln vorbei schippert und oft von Delphinen begleitet wird. Diese planen wir in unsere Route mit ein, nach einer kurzen Recherche kennen wir Preis und Abfahrtszeiten und sind sicher, dass große Autos mitgenommen werden.

Wir machen uns auf den Weg dortin. Die Sonne begleitet uns durch Sumpflandschaften, wir befahren kilometerlange Brücken über Bayous und die eindrucksvolle Alabama Coastal Connection bis hin nach Dauphin Island.

Wie war das noch mit den Plänen? Manchmal planen andere mit – die Tide macht uns einen Strich durch die Fährfahrt: es ist extreme Lowtide, die Fähre liegt so tief, dass wir beim Auf- und Abfahren aufsetzen würden. Wir werden heute also nicht mitgenommen. Aber vielleicht morgen.

Und nun? Egal – Zeit ist kein limitierender der Faktor, es ist schön hier, also parken wir den Laster und Knut macht den Raketenofen klar. Dann gibt’s jetzt halt Shrimps. Danke, Forrest

Cracker-Docking

Heute haben wir mal wieder etwas Neues ausprobiert: Cracker-Docking!

Was ist das denn jetzt wieder für’n neumodischen Kram?

Cracker Barrel ist eine beliebte Restaurantkette in den USA, bekannt für ihre gemütliche Atmosphäre, rustikalen Charme und traditionelle amerikanische Küche. Neben leckerem Essen bieten viele Standorte Campern die Möglichkeit, kostenlos auf ihrem Parkplatz zu übernachten.

Nach einem herzhaften Abendessen haben wir unsere „Einraumwohnung“ direkt vor dem Restaurant geparkt und uns für die Nacht eingerichtet.

Praktisch, und eine echte Empfehlung für USA-Reisende. Allerdings waren wir mit der Qualität des Essen nicht ungeteilt zufrieden. In allen besuchten Cracker Barrels war das Essen immer nicht lauwarm, was uns nicht gut gefallen hat.

Wenn jemand jemanden kennt …

So haben wir uns zunächst an springenden Delfinen in der Sonne bei 24 Grad in Tampa erfreut, als plötzlich eine Nachricht von Knuts Kollegen Benjamin auf den Smartphone aufpoppte:

„Macht euch mal auf den Weg nach Saint Petersburg. Andy Frasco spielt heute ganz in eurer Nähe und ihr seid auf der Gästeliste für das Konzert heute Abend.“

Hammer! Also haben wir den Riemen auf die Orgel gelegt und sind 30 Minuten gen Westen gefahren.

Und es hat sich gelohnt! Neben Andy Frasco & The U.N. haben die Bands Little Stranger und Damn Skippy ihr Bühnenprogramm vor 1800 Besuchern auf der wirklich schönen Jannus Live Bühne zum Besten gegeben.

Zur Krönung haben wir dann sogar noch mit Andy Frasco gesprochen, dem wir die herzlichsten Grüße aus Deutschland ausrichten konnten.

Und so ist es wie so oft: Der Tag findet dich. Danke, Benjamin, für deine unermüdliche Suche nach dem perfekten Konzert für uns!

12 Tonnen wiegt die Hochseekuh …

„12 Tonnen wiegt für Hochseekuh, sie lebt am Meeresgrunde“. Ringelnatz hat über diese Tiere einen Liedtext verfasst und Achim Reichel hat’s umgesetzt.

Manatis, sanften Riesen, die auch als Rundschwanzseekühe bekannt sind, ernähren sich ausschließlich von Pflanzen und wiegen natürlich wesentlich weniger – maximal 500 kg. Während sie auf der Suche nach Seegras sind, gleiten sie gemütlich durchs Wasser und strahlen dabei eine unglaubliche Ruhe aus.

Partywissen: Manatis sind verwandt mit Elefanten – wer hätte es gedacht.

Wir hatten das Glück, in den warmen Gewässern Floridas gleich eine ganze Herde mit fünf Tieren zu sehen. Dazu gesellten sich dann noch ein paar Schildkröten, weiße Pelikane, Schneesichler und ein Kormoran. Und das nicht etwa abseits der Trubels, sondern mitten in St. Petersburg an einer Stelle, an der aus einem nahegelegenen See Süßwasser in die salzige Tampa Bay fließt.

Für uns ein ganz spezieller Tag.

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Von admin

2 Gedanke zu “USA Reise – Etappe Dezember”
  1. Knut, I’ve enjoyed reading about your travels. I live in Wimberley, a small town between Austin and San Antonio. I grew up in Houston. I must say you are living out one of my dreams. Enjoy the rest of your travels. Stay safe on the road. And thanks again for taking our picture. Your photos look great!

    1. Dear Kimberly,

      Dear Stanley, sorry that we only just saw your comment now. We really appreciated it and enjoyed hearing from you. Wishing you all the best for the new year.

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