Die Reise geht weiter in Richtung Westen. Ziel ist es, Mitte August auf Vancouver Island zu sein. Bis dahin liegen noch etwa 2.200 Kilometer vor uns.
Wir fahren stundenlang auf dem Trans Canada Highway Nr. 15. Hügel, Wälder und Wiesenlandschaften wechseln sich ab. Die Natur hat viel Ähnlichkeit mit schwedischen Landschaften und Navigationsansagen, wie „In 352 km links abfahren“ sind keine Seltenheit.
Die Landschaft verändert sich, es wird zunehmend flacher und gleichförmiger. Mit dem Lineal gezogene Straßen, spärlich gesäte Mini-Ortschaften und riesige Tankstellen für die überlangen LKW, verleiten uns dazu, bei jeder Gelegenheit zu stoppen und einen Kaffee zu trinken. Unsere Strecke zieht sich, wie die unglaublich langen Güterzüge, auf die gleich mehrere Diesellokomotiven verteilt sind.
Und dann – auf einmal und ohne Vorwarnung ändert sich um uns herum alles und berührt uns sehr. Gigantische Felder bestimmen das Bild und werden später von unberührten Graslandschaften abgelöst. Eine unfassbare Weite, die das Auge kaum greifen kann und eine Landschaft, die wir so noch niemals zuvor gesehen haben.
Statistik
Gesamtstrecke 5565.14 km
KM pro Tag (Gesamt km)
Stunden pro Tag
Temperaturen in Montana (Unterschied Tag/Nacht 30°C)
Grasslands Nationalpark
Die Grasslands in Saskatchewan sind ein bedeutendes Naturschutzgebiet im Südwesten der kanadischen Provinz. Das Gebiet erstreckt sich über eine Fläche von etwa 907 Quadratkilometern und ist eines der letzten verbliebenen intakten Prärie-Ökosysteme in Nordamerika.
Wir sehen weite, offenen Flächen, die von unberührtem Grasland und sanften Hügeln geprägt sind. In kultureller und historischer Hinsicht ist zu erwähnen, dass das Gebiet einst Heimat der indigenen Völker, insbesondere der Blackfoot und der Cree war.
Unser Übernachtungsplatz befindet sich inmitten des Westblocks des Parks. Es ist einer der kleinsten Campingplätze, auf denen wir bisher waren, was uns exzellent gefallen hat. Die Anfahrt führt über eine 15 km lange Schotterstrecke, die im Geschwindigkeitsprofil des Tages eindeutig zu identifizieren ist.
Die Plätze sind mit Strom ausgestattet. Eine Ver- und Entsorgung gibt es an diesem extrem abgelegenen Ort nicht.
Unsere Zeit ist wettertechnisch typisch für diese Jahreszeit. Eine leichter, sehr warmer Wind streift über den Platz, kein Schatten weit und breit – wäre ja auch nicht passend in einer Steppenlandschaft. Die Außentemperatur liegt um 14 Uhr bereits bei über 37° C und somit sind wir froh, dass unsere mobile Zimmerklimaanlage gute Dienste leistet.
Unser allgegenwärtiger Freund Timon, ein Präriehund, hat sich über die Größe der Einraumwohnung sehr gefreut und sich gleich im schattigen Bereich eingenistet.
Der nicht ungewöhnliche Wind lässt das Gras „tanzen“, was wie ein leuchtendes Feuer, den Blick nicht mehr so leicht hergibt.
Nicht nur der Tag hält Besonderes für uns bereit. Wenn die Sonne ganz verschwunden ist, wird es dunkel – dunkler, als wir das so kennen. Hier fehlt durch die In-The-Middle-Of-Nowhere-Lage jegliche Beleuchtung des Himmels durch Städte oder Wohngebiete – so ist für uns ein spektakulärer Sternenhimmel garantiert.
Für heute haben wir genug erlebt, wir hauen uns in unser Bett – morgen geht´s dann weiter Richtung Calgary. Doch dann kam das, was wir uns schon so lange gewünscht haben. Ein stattlicher Bison-Bulle läuft auf dem Weg zur Hauptstraße direkt vor der Einraumwohnung lang. Ein unvergessliches, ruhiges Spektakel.
Great Sand Hills
Die Great Sand Hills in Saskatchewan bringen uns zum Staunen. Gerade fahren wir noch an unendlichen Wiesen und Feldern vorbei und zack! – stehen wir in der Wüste.
Über 1900 Quadratkilometer erstrecken sich beeindruckenden Sanddünen. Diese Dünenlandschaft entstand über Tausende Jahre durch Wind und Wassererosion und macht sie zu einem faszinierenden geologischen Phänomen.
Aber die Great Sand Hills sind nicht nur wegen ihrer landschaftlichen Schönheit bemerkenswert, sondern auch aufgrund ihrer ökologischen Bedeutung. Sie beherbergen eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten, die sich imlaufe der Zeit an die trockenen Bedingungen angepasst haben. Dazu gehören seltene Pflanzen, wie den Prairie Crocus und verschiedene Arten von Gräsern und Kräutern. Die Tierwelt umfasst unter anderem Kojoten, Kaninchen und eine Vielzahl von Vögeln, die in den Sandhügeln nisten.
Dinosaur Provincial Park in Alberta
Dinosaurier aus Plastik angucken? Echt jetzt? Ach komm`, wir geben der Sache Mal eine Chance. Und ein schöner Campingplatz in einem Provicial Park ist doch auch ganz schön.
So sind wir gestartet und es sollten zwei spannende Tage werden. Wie sich schnell herausstellt, hat der Dino Provincial Park in Alberta nichts mit Kinderbelustigung durch lebensgroße Plaste-Teile zu tun. Inmitten der Badlands Albertas eröffnet sich ein beeindruckender Canyon, der sowohl Geologie- als auch Paleontholigieinteressierten ein Dorado an Fossilienfunden bietet.
Die Entstehung der Canyons im Dino Provincial Park geht lang andauernde geologische Prozesse zurück. Vor etwa 75 Millionen Jahren war das Gebiet von einem seichten Binnenmeer bedeckt, das von großen Flüssen durchzogen wurde. Mit der Zeit lagerten sich Sedimente ab, die schließlich verfestigt wurden. Durch tektonische Bewegungen und den Rückzug des Meeres wurden diese Gesteinsschichten freigelegt, Erosion durch Wind und Wasser formte dann im Laufe der Jahrtausende die charakteristischen Canyons und Hoodoos, die heute im Park zu bewundern sind.
Bedeutend ist dieses Gebiet der Blackfood Natives durch die unzähligen versteinerten Dinosaurier im perfekten Zustand. Es ist eine der weltweit reichsten Fundstätten für Dinosaurierfossilien aus der späten Kreidezeit. Seit den ersten Entdeckungen im späten 19. Jahrhundert wurden hier über 500 Exemplare von 39 verschiedenen Dinosaurierarten gefunden, darunter auch vollständige Skelette.
Unser absolutes Highlight ist die geführte Tour mit Dylan. Unser Guide führt uns 8 Kilometer durch ansonsten abgesperrtes Gebiet und lässt uns ausgiebig Fossilien, die wie Sand am Meer verstreut sind, bewundern: „anfassen bitte nur mit den Augen“ ist ein ungeschriebenes Gesetz, was sich natürlich von selbst versteht.
Und wie immer treffen wir natürlich auf viele tolle Menschen, mit denen wir nette Gespräche und tolle Stunden verbringen.
Nach einer etwas regnerischen Nacht packen wir jedoch unsere Sachen und machen uns wieder auf den Weg nach Westen, um weitere Abenteuer zu erleben.
Einzigartig in Kanada – Calgarys Heritage Park
Es ist wirklich schwer zu beschreiben, warum dieser Ort so einzigartig ist. Und wenn wir nun schreiben „Wir waren in einem Museumsdorf“, trifft das unseren Besuch des Parks in keiner Weise. Also holen wir mal ein bisschen aus.
Der Heritage Park in Calgary ist das größte Freilichtmuseum in Kanada, das die Geschichte Westkanadas auf anschauliche und lebendige Art und Weise zeigt. Auf einer Fläche von insgesamt 127 Hektar versetzen zahlreiche Gebäude die Besucher in eine andere Zeit, ergänzt durch viele Exponate und Sehenswürdigkeiten, die das Leben in der Region vom späten 19. bis zum frühen 20. Jahrhundert darstellen.
Aber das ist noch nicht alles. Dieses Museum darf sich wirklich „lebendig“ nennen, denn die vielen Mitarbeiter machen durch ihre Offenherzigkeit und Freude an der Geschichte diesen Ort so einmalig. Sie sind entsprechend der zeitlichen Periode gekleidet und verfügen über ein enormes fachliches Wissen, das sie gerne mit Besuchern teilen. Keine unserer Frage blieb unbeantwortet und wir sind nun so viel schlauer.
Im historischen Dorf, in dem fortlaufend eine restaurierte Dampflok samt Waggons die Besucher von einem Dorfteil ins nächste chauffiert, stehen die originalen Gebäude, die aus verschiedenen Teilen der Provinz hierher gebracht wurden. Dazu gehören eine kleine Farm, ein Sägewerk, eine Schreinerei, ein Getreidesilo, eine Schmiede, eine Druckerei, ein Saloon und Geschäfte wie eine Bäckerei und eine Drogerie. Diese Gebäude sind mit authentischen Möbeln und Werkzeugen ausgestattet, die einen lebendigen Eindruck vom damaligen Alltag vermitteln. Mehr noch, sie saugen die Besucher in diese Zeit hinein.
Ein besonderer Höhepunkt, nicht nur für die kleinen Besucher, ist ein historischer Amusementpark mit verschiedenen Fahrgeschäften.
Verlässt man das Dorf, gelangt man in den Bereich der „First Nations“ und der ersten Siedler, lernt viel über die immer noch existierende Handelscompagnie Hudson Bay Company und die zu der Zeit „aktuellen“ Tauschkurse. So wurde einheitlich in Kanada für eine Einheit Schießpulver ein Biberfell verlangt, für eine Einheit Hafermehl 1/8 Biberfell.
Ein großer Bereich des Parks ist selbstredend dem landwirtschaftlichen Erbe gewidmet. In kleine Gärten werden alte Gemüse- und Getreidesorten durch Anbau erhalten und es gibt Vorführungen traditioneller Erntemethoden. Ein Bauernhof zeigt die verschiedenen Aspekte der Tierhaltung und der Landwirtschaft in der Pionierzeit.
Natürlich gehören auch Wohnhäuser der etwas betuchteren Gesellschaftsschicht dieser Zeit zu der Ausstellung des Parks. Ganz zweifelsfrei ist das Prince House, ein prächtiges viktorianisches Haus des Unternehmers Peter Anthony Prince eines der schönsten. Es ist originalgetreu eingerichtet und vermittelt einen Eindruck vom gehobenen Lebensstil der damaligen Zeit.
Außerhalb des eigentlichen Dorfes können Besucher in der Gasoline Alley eine beeindruckende Sammlung von Oldtimern, historischen Zapfsäulen und anderen Erinnerungsstücken aus der frühen Automobilgeschichte bestaunen. Diese Ausstellung bietet einen faszinierenden Einblick in die Entwicklung des Automobilverkehrs und der dazugehörigen Infrastruktur.
Wir hätten gut noch eine ganze Weile weiter unsere Nasen in die tollen Häuser und Gebäude gesteckt, aber ruckzuck ist es 17 Uhr und die Dampflok trötet zur letzten Fahrt des Tages. Somit heißt es auch für uns auf Wiedersehen.
Poutine – das heimliche Nationalgericht
Schon mal das von Poutine gehört?
Poutine ist ein klassisches kanadisches Gericht, das aus knusprigen Pommes, Käsestückchen (Cheese Curds) und reichlich Bratensoße besteht.
Diese herzhafte Kombination ist ein Muss und wird natürlich auch im Heritage Park in Calgary angeboten.
Urteil: lecker.
Banff – der heiligen Gral?!
Von seichten Hügeln aus Calgary kommend stehen wir plötzlich in den Bergen – ohne Vorwarnung und sind schwer beeindruckt.
Und so scheint es auch vielen anderen zu gehen, was man auf dem Weg nach Banff an den Menschenmassen erkennt. Hier ist es unfassbar voll, und damit meine ich nicht nur das bunte Treiben in den Straßen des Towncenters.
Wir haben ganz viel Glück und ergattern für eine Nacht den letzten Platz auf einem Campground – den schönsten, denn die Aussicht ist unfassbar.
Mit dem Fahrrad rollen wir 3 km nur steil bergab in das Städtchen Banff. Mir graut jetzt schon vor dem Aufstieg, aber dazu später …
Ernüchterung im Visitorcenter. Scheinbar ist ohne Reservierung nicht mal ein Bus zum nächsten See oder zur nächsten Hikingstrecke zu bekommen, Parkplätze dort sind gut und gerne morgens um 7 Uhr bereits voll. Es ist Peakseason und wir sind offensichtlich sehr blauäugig hier gelandet.
Ok. Aber das soll heute erstmal kein Problem für uns sein. Wir schlendern durch das volle, aber dennoch sehr hübsche Städtchen, werfen einen Blick in die unzähligen Souvenirshops, nehmen das Happy Hour Angebot mit einem lokalen Bier wahr und lassen uns samt Fahrrädern mit dem Bus (den man nicht reservieren muss) zurück zum Campground kutschieren. Ich bin froh, nicht selbst fahren zu müssen.
Morgen schauen wir dann nochmal wohin es weiter geht. Klar, möchten nicht nur wir diese unfassbar tolle Umgebung genießen, aber das hier ist uns einfach zu viel.
Jetzt ist erst mal unser ganz privater Bergblick dran.
Lake Louise – nicht ganz privat
Natürlich schauen wir uns auch die Instagram-Videos dieser Region an. Und schnell wird uns klar: es gibt klar definierte Hotspots – und einer ist Lake Louise.
So haben wir versucht, dort einen Parkplatz zu ergattern. Um es kurz zu machen – Fehlanzeige. Bereits kurz nach Parkplatzöffnung morgens um 7 Uhr ist dort nichts mehr zu bekommen.
Dann laufen wir halt dahin. Also fahren wir kurzerhand eine Nebenstrecke, parken am Strassenrand und packen die Wanderschuhe aus. Das ist sowieso das, was wir wollten.
Schon nach 5 traumhaften Kilometern stehen wir am See. Wir sind natürlich nicht die einzigen, die diese tolle Aussicht genießen wollen – Instagram kann schon etwas ernüchternd sein …
An dieser Stelle gibt es für euch mal wieder etwas „fern-sehen“ – die Bilder sprechen für sich.
Und ja: diese traumhafte Wasserfarbe täuscht nicht – es ist saukalt – ich hab’s für euch getestet.
Es war ein toller Tag im Banff National Park und am Lake Louise und morgen werden wir weiterfahren.
Übrigens sind wir seit heute Besitzer eines Bärensprays, denn mit diesen Kollegen muss man jederzeit rechnen.
irgendwo losgefahren, irgendwo hingefahren – und da sind wir dann …
Wie oft stehen wir da und überlegen, wo wir gerade herkommen. Es ist aber auch gar nicht wichtig, immer genau zu wissen, wo man ist oder wo man war.
Hauptsache es ist schön.
So ging es uns gestern mal wieder. Auf dem Weg von einem wunderbaren Übernachtungsplatz „in the middle of nowhere“ sprang uns ein Badeplatz im Tal ins Auge.
Hingefahren. Hingestellt. Ans Wasser gesetzt.
Und was sollen wir sagen? Es war ein fantastischer Tag voll Sonne, mit einem besonderen Abschluss. Denn es war Dienstag – und wie jeden Dienstag im Sommer gibt es abends im Park ein Live-Konzert mit allem was dazu gehört: lokale Verköstigung mit Cornado, Burgern und Fries, lustigen Menschen und tierischen Besuchern. Und natürlich toller Countrymusik von Tanner Dawson.
Auf nach Vancouver
Wir sind auf dem Weg nach Vancouver und die Natur hat uns heute den Atem geraubt. Gefühlt haben wir 10 Mal angehalten, um die monumentale Landschaft mit ihren Bergen, Seen und Wäldern zu bewundern.
Dabei zeichneten sich die Berge häufig in unterschiedlichen Farbtönen ab, was jedoch nicht an aufsteigendem Nebel lag, sondern vielmehr an Rauchschwaden der Waldbrände. Der Geruch von verbranntem Holz war unser ständiger Begleiter.
Mit Steigungen und Gefällen von bis zu 15 % war es nicht nur für uns, sondern auch für unseren MAN ein anspruchsvoller Tag. Jetzt wissen wir, dass die Haltestellen mit dem Hinweis „Trucks – Check brakes“ weniger mit der Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der Bremsen zu tun haben, sondern vielmehr mit der Kontrolle der Temperatur der Bremsen mit der Konsequenz einer Pause zum Abkühlen. Bei so einem Gefälle reicht halt die Motor- und Staudruckbremse nicht mehr aus.
Morgen nehmen wir die letzten 60 Kilometer nach Vancouver in Angriff.
Nach vielen vielen Kilometern Landschaft und Natur sind wir im Westen BCs angekommen. Und hier, direkt am Pazifischen Ozean erwartet uns Vancouver.
Bekannt für ihre Mischung aus moderner Architektur und natürlicher Umgebung lädt sie zu Spaziergängen entlang der Uferpromenade und durch die diversen Parks ein.
Zudem lassen sich auch hier verschiedene Museen und Kunstgalerien besuchen.
Knut schwärmt schon seit Monaten von seinem letzten Besuch 1992, und so parken wir das Womo außerhalb, schnallen die Räder vom Träger und radeln gute 8 km bis Downtown – was sehr viel Spaß macht, es geht nur bergab (gedanklich kaufen wir doch schonmal die Bus Tickets für den Rückweg).
Unser Weg führt uns durch den Ursprung Vancouvers, Gastown als alter Kern. Es schließen sich jedoch auch die neueren Gebäude an, der Wandel einer Stadt wird so sichtbar.
Die Wolken am Himmel verdrücken sich langsam, nahezu magisch werden wir vom Vancouver Lookout angezogen und steigen in den Glasaufzug, der uns 155 m über die Stadt katapultiert: 360° Rundumsicht und Knut ist total hinundweg, der Finger auf Dauerauslöser (Video folgt auch). Ich drücke mich mit dem Rücken einmal herum und warte Knuts Bilder ab, weil ich mal wieder entgegen meiner Höhenangst mitgegangen bin …
Glücklicherweise fährt der Fahrstuhl mit uns auch wieder hinunter und wir können uns mit beiden Beinen am Boden dem Rest der Stadt hingeben.
So langsam und leise meldet sich der kleine Hunger. Auf nach Chinatown, um Knuts alte Erinnerungen von sehr authentischem, asiatischen Essen aufzufrischen.
Wir landen im New Town Bakery & Restaurant und entscheiden uns für den Mittagstisch mit köstlicher Nudelsuppe, Dim Sum und schwarzem Tee. Unsere Bedienung May ist schnell und aufmerksam: Gabeln gibt’s erstmal nicht, wir mögen es doch bitte erst mit den Stäbchen versuchen … Wir werden sehr satt – doch mit Hilfe einer Gabel und dem Gekicher von May.
Zurück zu unseren Drahteseln schlendern noch ein wenig am Hafen entlang und landen schließlich im Steamworks Beer Brewpub mit einem leckeren IPA bei Joseph, dem ultranetten Barkeeper an der Bar.
Ein wunderbarer Tag. Wäre da nicht noch etwas.
Vancouver ist – wie viele andere Städte auch – nicht nur schön und hip. Es gibt auch die anderen Seiten. Schon auf dem Hinweg und nun nochmals aus dem Bus heraus mehr als präsent. Drogen, Prostitution, menschliches Elend.
Die Stadt versucht dies in einem Stadtviertel zu halten, was aber als Konsequenz viele andere Menschen aus diesem Milieu anzieht. Vancouvers Klima birgt einen anderen Anziehungsfaktor: selten fallen hier die Temperaturen unter Null, Kälte ist somit kaum eine Gefahr für die Menschen, die auf der Straße leben.
Wir konnten kurz mit einigen Feuerwehrleuten der Wache 2 Vancouver Fire Fighters sprechen, die uns unseren Eindruck bestätigen.
Und auch hier kennt man Gewalt gegen Rettungskräfte – gegen die, die mit ihrem 2000 Einsätzen pro Monat denen helfen, die wirklich ganz unten angekommen sind. That’s it
Vancouver Island – für viele das ultimative Reiseziel in British Columbia
British Columbia ist einer unserer Lieblingsprovinzen Kanadas. Das Wechselspiel von Bergen, Wäldern und Wasser ist so einzigartig, dass man in eine Art Dauer-Staunen verfällt.
Und liest man im Internet und Reiseführern, dann ist Vancouver Island die Kirsche auf dem Schwarzwälder-Eisbecher. Dadurch und die Tatsache, und dass ich (Knut) schon 2 Mal dort war, ist die Insel auf unserer Reise als gesetzt anzusehen.
Die Einraumwohnung wurde mit uns um 6 Uhr am Morgen von Vancouver nach Nanaimo verschifft und trotz mäßigem Wetters bot sich uns ein wirklich schöner Sonnenaufgang. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten: Dieses Wetter sollte uns die nächsten Tage auch weiter begleiten.
Von Nanaimo aus erkundeten wir die Insel zunächst in Richtung Norden. Gleich fiel auf, dass eine Parkmöglichkeit für die Nacht hier eine harte Nummer wird. Kaum ein Parkplatz ohne den Hinweis „No overnight parking“.
Die Westküste ist ziemlich dicht besiedelt und so wirklich schöne Ecken konnten wir nicht ausmachen. Da hat uns die Festlandküste eigentlich besser gefallen. Also dem Tipp schlechthin gefolgt, der überall zu lesen ist: Visit Tofino!
Dazu musste die Insel erst einmal von Ost nach überquert werden. Abgesehen von den ordentlichen Gefällen bzw. Steigungen mit bis zu 18% bleiben die in der westlichen Hälfte unterirdisch schlechten Straßenbeschaffenheit in Erinnerung. Das hat wirklich keinen Spaß gemacht.
Dann die große Ernüchterung in Tofino. Um es kurz zu machen: Wir haben nichts gefunden, was uns in dort gefallen hat. Die Massen an Menschen erinnerten uns an Banff. Und der Vergleich ist wirklich zutreffend. Der Ort bietet genau das, was sich kanadische und amerikanische Urlauber wünschen. Kleiner Ortskern, massig Restaurants, viele nette Hotels und zugängliche Natur ringsherum. Das war nicht das, was wir gesucht haben. Noch als Hinweis nebenbei: Tofino ist nichts für größere Autos.
Nach einer schönen Nacht am Meer sind wir dann nach Ucluelet gefahren. Ja, das war schon ein deutlich schönerer Ort ohne den Trubel der Massen, mehr nach unsrem Geschmack.
Und dann näherte sich der Ausflug nach Vancouver Island auch schon dem Ende. Aber natürlich nicht, ohne die wunderschöne pittoresk angehauchte Stadt Victoria zu besuchen. Und auch das Wetter wechselte schlagartig zu sommerlichen Temperaturen. Man hätte meinen können, die Insel blüht auf, wohlwissend, dass wir abreisen.
Zu unserem Glück gab es dann an der Hafenpromenade auch noch Live-Blues über den ganzen Tag bis in die Nacht. Am Fähranleger für die Verbindung nach Port Angeles, inmitten des Orts, genossen wir die Musik auf unserer Dachterrasse bei einem kühlen Bier, bis die Band ihre Instrumente einpackte.
Um fünf Uhr am Morgen war die Nacht zu Ende und es besuchte uns schon auf kanadischer Seite die Zollabfertigung durch CBP der USA. Etwas später ging es auf der älteren, aber perfekt gepflegten Fähre los. Schon 90 Minuten später waren wir dann in den USA.
Fazit: Das klingt alles nicht wirklich euphorisch.
Es mag ein wenig dem Wetter geschuldet sein, dass wir die Insel nicht in unser Herz schließen konnten. Aber auch bei Sonnenschein bleibt in Erinnerung, dass man weite Strecken in einer Schneise von Bäumen fährt, an vielen Siedlungen und Kaufparks vorbeikommt und zwangsläufig auf Campingplätze angewiesen ist (was nicht schlimm wäre, wenn sie nicht immer ausgebucht wären).
Es gibt aber auch viele schöne Schnappschüsse: Der schöne Nationalpark am Meer North Rim, der Wasserfall auf dem Weg zur Westküste, die kleinen Fischerorte, wilde Lachse und Bären und der Trail beim Leuchtturm in Ucluelet. Dies war aber in der Summe für uns zu wenig.
Adieu und bye bye – Kanada
Damit endet dann unsere Ost-West-Passage in Kanada: Berge, Seen, Steppe, Prärie, Dünen, Graslandschaften, Wälder, Schnee, Gipfel, Bisons, Bären, Seeadler, Poutine, und überwältigend freundliche Menschen. Unvergesslich, so unsere Meinung.
Wo soll es hingehen?
Nach einem Tag der Orientierung und des Fahrens haben wir uns in einem kleinen Ort in Washington gegen Abend ein schönes BBQ mit einem IPA für Knut und einen Lager für Wiebke gegönnt.
Grobes Ziel ist ein Schlenker über Idaho, Montana, Wyoming nach Oregon. Wir wollen also ein bisschen ins Binnenland, bevor es die Küste runtergeht.
Der ewige Begleiter – Waldbrände
Berge zeichnen sich in wunderschönen Schattierungen ab –
so schön das auch aussieht, es verheißt nichts Gutes. Und irgendwann riecht man es auch. Es brennt – und es brennt an diversen Ecken. Die Wälder in Kanada und USA sind einfach zu trocken und da reicht dann schon ein Gewitterblitz, um ein Inferno loszutreten. Zum Teil sind es sogar Glutnester der letzten Waldbrandsaison, die aus der Tiefe des Waldbodens wieder auflodern.
Und das haben wir nicht nur einmal gesehen sondern mehrere Male. Abgesehen von dem schlimmsten aller Brände in diesem Jahr, in dem Jasper fast völlig von der Landkarte radiert wurde, gibt es kaum eine Region, in der es keine Waldbrände gibt.
Die Nordamerikaner nehmen das mit einer stoischen Gelassenheit hin. Passiert halt jedes Jahr, nur nicht in der Häufigkeit und Intensität wie in den letzten Jahren. Und, so die gängige Ansicht, der Wald regeneriert sich und wird wieder jünger, was gut ist. Bezogen auf Jasper sind die Menschen zum Teil sauer auf die Regierung, denn die hat keine ausreichenden Maßnahmen gegen den eingeschleppten Borkenkäfer unternommen, der die Bäume zur leichten Beute der Flamen werden ließ.
Auf dem letzten Campingplatz haben wir dann hautnah erlebt, wie diese Brände bekämpft werden. Angrenzend zu den Urlaubern war ein riesiges Fire Camp, in dem Feuerwehrleute aus den gesamten Staaten Tag für Tag um den Erhalt der Wälder und Besitztümer kämpfen. Und da kamen wir uns dann fast ein wenig Fehl am Platze vor, aber auch solche Camps sind hier in den USA eine ganz normale und unspektakuläre Sache. Es heißt halt, mit dem Feuer leben.
Montana – unsere Perle
Montana hat unser Herz erobert. Land und Leute sind großartig. Und auch das erste Mal auf einem Rodeo war großartig! Heute in Dillon, Montana, haben wir echte Cowboy-Action erlebt.
Endlich Rodeo!Bei so viel durch die Gegend tingeln dürfen wir ja unsere Bucketlist nicht aus den Augen verlieren und so durchforsten wir immer wieder mal das Internet nach Events, die in unserer näheren Umgebung so los sind. Und da wir momentan in Montana sind, liegt ein Rodeo nahe – und siehe da: ein PCRA (Professional Cowboy Rodeo Association) Wochenende nur schlappe 400 Meilen entfernt …
Umweg? Nein! Die Richtung stimmt grob und eine solche Gelegenheit dürfen wir uns nicht entgehen lassen. Also auf nach Dillon! Ist ja klar, dass wir gleich nach Öffnung des Gates uns einen Platz auf der Tribüne sichern und den gesamten Nachmittag mit Besuchern aus vielen verschiedenen Staaten den ebenso bunt gemischten Teilnehmern zujubeln, mitfiebern und in durchaus gefährlichen Situationen die Luft anhalten. Unsere Erwartungen werden mehr als übertroffen.
Zu Recht das „Montanas biggest Weekend“ mit allem – samt Prayer und Nationalhymne – was zu einem offiziellen Rodeo dazu gehört. Nicht nur die verschiedenen Disziplinen, wie Bareback Riding (Wildpferdreiten ohne Sattel), Saddle Bronc Riding (Wildpferdreiten mit Sattel), Tie-down Roping (Kalb per Lasso fangen und fesseln), Team Roping (Kalb im Team per Lasso einfangen), Steer Wrestling (Stier einfangen), Barrel Racing (Zeitrennen um mehrere Stahlfässer herum), Wild Cow Milking (fangen und melken einer wilden Kuh) und Bull Riding (Bullenreiten) als Königsdisziplin sondern auch Corndogs, Burger, Sonne, eisgekühlte Getränke, ausgelassene Menschen und vieles mehr machen dieses Labour Day Wochendende zu etwas ganz Besonderem für uns.
Nach guten 3 Stunden in der prallen Sonne ist schon alles wieder vorbei, die Ränge leeren sich schnell und auch für uns wird es Zeit für eine Stärkung: der Magen knurrt. Zum Glück hat mein mitreisender Lieblingskoch schon etwas geplant und so radeln wir zurück zum Womo mit der Aussicht auf einen leckeren Tagesabschluss.